Seit Beginn des Krieges in der Ukraine vor einer Woche sind die Solidaritätsbekundungen allgegenwärtig. Gestern kamen in Eitorf unzählige Menschen auf dem Marktplatz zusammen, um für die Freiheit und unsere demokratische Lebensweise zu demonstrieren. Unzählige Menschen, die die Sorge, Angst, Ohnmacht und Wut über den Schrecken, der über uns alle hereingebrochen ist, zusammengebracht hat. Eitorfer allen Alters und politischer Überzeugung. Eitorfer, die vielleicht noch allzu gute Erinnerungen an den letzten großen Krieg oder die Bedrohungszenarien der letzten Jahrzehnte haben.
Wir Grüne waren gerne und deutlich mit dabei, auch wenn uns die Ereignisse in jeder Hinsicht, auch innerparteilich, überrumpeln und ein großes Stück weit überfordern…
Doch was war nun das Ziel der Übung? Ein Wohlgefühl zu schaffen? Sich die Angst von der Seele zu singen? Oder ging es doch um mehr?
Vielleicht ist es ein menschlicher Zug, dass man sich erst dann auf das Wesentliche zurückgeworfen sieht, wenn es Gefahr läuft, verloren zu gehen. Und was ist das?
Viele Plakate haben es demonstriert – es ist der Frieden, der unser Miteinander in all seiner Vielfalt und Unvollkommenheit möglich macht. Die Toleranz, die ein System erlaubt, das wir Demokratie nennen und das uns dieses Leben, um das wir alle gerade bangen, erst möglich macht.
Es ist unser aller Pflicht, dieses System um jeden Preis zu schützen. Natürlich kann man sagen, das hilft den Menschen in der Ukraine nicht. Aber es ist dennoch wahr. Wir müssen alle etwas tun, durch unser gesellschaftliches Engagement. Die Demokratie ist unser Friedensgarant, unsere Lebensader, die jede und jeder von uns durch das ureigene Handeln garantieren muss. Jenseits der eigenen Eitelkeiten und auch nicht nur im Rahmen des eigenen Wohlgefühls.
Und ja, das sind dann solche Fragen wie, in welche Abhängigkeit von Russland wir uns durch Öl und Gas begeben haben. Und auch die nach Fahrrad oder Auto, und die, ob man das Gästezimmer freiräumt, auch wenn man nicht weiß, wie lange die unverhofften Gäste aus dem Kriegsgebiet bleiben oder die, ob man wieder und wieder die Debatte mit dem Nachwuchs über das kriegsverherrlichende Computerspiel führt. Am Ende ist auch die Frage, ob man liebgewonnene Überzeugungen aufgrund des neuen, besseren Wissens nicht einfach über den Haufen werfen sollte.
Eitorf ist, was das ehrenamtliche Engagement angeht, schon ganz weit vorne. Wir haben Vereine und Gruppierungen, ohne die wir als Gemeinde ganz schon doof aus der Wäsche gucken würden. Ein starker Anfang.
Das Lied „Arsch huh, Zäng ussenander“ wurde von dem Chor Young Hope, der die Veranstaltung musikalisch begleitet hat, gesungen – der Refrain geht weiter:
„Wie wöhr et, wemmer selver jet däät. Wenn mir dä Arsch nit huhkrieje, ess et eines Daachs zo spät.
Wie wäre es, wenn man selber etwas täte, wenn wir den Arsch nicht hochbekommen, ist es eines Tages zu spät.“
Ein aufrichtiger Appell an jeden Einzelnen von uns und der Grund, warum wir gestern auf die Friedensdemonstration in Eitorf gegangen sind.